Der schwarze Muntermacher ? Kaffee-Genießer überrunden Pilsfreunde
C?è un sospenso? ? Gibt es einen Aufgehobenen? Wer in Neapel ein gutes Geschäft gemacht oder etwas Schönes erlebt hat, der bestellt in einer Kaffeebar einen Espresso und bezahlt zwei. Wenn dann jemand vorbeikommt, der sich keinen Espresso leisten kann, fragt dieser nach einem Aufgehobenen und kann ihn trinken, ohne dafür etwas zahlen zu müssen. So kommt auch der ärmste Neapolitaner zu dem geliebten Heißgetränk.
Doch nicht nur Italiener lieben Kaffee. Einer Statistik zufolge trank jeder Deutsche im Jahre 2003 durchschnittlich 2,8 Tassen am Tag, drei Jahre später waren es schon 3,1 Tassen. Zur Verwunderung aller Pilsfreunde ist Kaffee damit das beliebteste Getränk der Deutschen.
Dabei ist Kaffee ein erstaunlich vielseitiges Getränk. Je nach Kultur, nationalen Gepflogenheiten oder persönlichem Geschmack ändert sich die Zubereitungsart des Kaffees ? die Liste der Kaffeespezialitäten ist schier unendlich.
Die Qual der Wahl ? köstliche Kaffeespezialitäten
Wer hat es nicht schon einmal selbst erlebt ? man sitzt gemütlich mit Freunden in einem Café und kann sich nicht entscheiden zwischen Milchkaffee, Cappuccino, Chocolaccino, Latte Macchiato, einem Pharisäer mit einem guten Schuss Rum (so man sich gerade an der Nordseeküste befindet), einem Irish Coffee, unter dessen Sahneschicht sich Whiskey verbirgt oder einem klassischen Espresso. Dabei sind dies noch die bekannteren Kaffeespezialitäten. Wer kennt schon einen ?Dokkumer Kofje? ? Kaffee mit Sahne und einem Schuss Beerenburg ? oder einen ?Marghiloman? ? Mokka mit Cognac? Von den Wiener Kaffeespezialitäten ganz zu schweigen, das aber ist hier bei ?genuss.de? ein Kapitel für sich. Doch es sind nicht nur die einzelnen Zubereitungsvarianten, die in ihrer Vielseitigkeit überraschen, vielmehr beginnt der Unterschied schon bei der Auswahl der Bohne und natürlich bei der Art der Röstung
Auf die Auswahl der Bohne kommt es an
Am bekanntesten ist wohl der ?Arabica-Kaffee?, der mit einem Weltmarktanteil von etwa 60 % vor allem wegen seines Aromas berühmt ist. Die Bohnensorte ?Robusta? hat ? im Gegensatz zum gewellten Einschnitt der Arabica-Bohne ? einen geraden Einschnitt und wird ? wie ihr Name schon sagt ? von Kaffeebauern vor allem wegen ihrer Widerstandsfähigkeit geschätzt. Sie hat zu ungefähr 36 % Anteil an der Weltproduktion und liegt damit deutlich hinter der ?Arabica?. Eine wahre Bohnenrarität ist die ?Excelsa?, die im Jahre 1904 am Tschadsee gefunden wurde. Ihr Weltmarktanteil liegt bei nur einem Prozent, obwohl sie von allen Bohnensorten den kräftigsten Wuchs hat. ?Stenophylla? wiederum ist eine kleinblättrige Kaffeeflanze aus Westafrika, die in auch in sehr großen Höhenlagen angepflanzt werden kann. Mit dieser Sorte wird in Sierra Leone der berühmte ?Highland Coffee? hergestellt.
Kopi Luwak ? das Geheimnis des teuersten Kaffees der Welt
Ein Kaffee jedoch hebt sich in seinem Geschmack, in seiner Herstellungsweise und in seinem Preis deutlich von allen anderen ab. Die Rede ist von der indonesischen Kaffeesorte ?Kopi Luwak?, von der nur etwa 230 bis 450 kg pro Jahr produziert werden und die bei einem Preis von rund 1000 Euro pro Kilogramm außerdem die teuerste Sorte der Welt ist. Der Grund dafür liegt in dem ebenso unappetitlichen wie mühsamen Herstellungsprozess. Der auf den indonesischen Inseln beheimatete Fleckenmusang verspeist mit Vorliebe die reifen Früchte der Kaffeepflanzen. Die Schleichkatzenart kann jedoch nur das Fruchtfleisch verdauen, die Bohnen werden wieder ausgeschieden. Diese werden eingesammelt und im Anschluss an eine (hoffentlich) gründliche Reinigung geröstet. Durch Fermentation entziehen Enzyme im Verdauungstrakt des Fleckenmusangs den Bohnen die Bitterstoffe, sodass ein für Kenner einzigartiges Aroma entsteht. Der britische Schauspieler John Cleese beschreibt den Geschmack als ?erdig, modrig, mild, sirupgleich, gehaltvoll und mit Untertönen von Dschungel und Schokolade?. Angesichts einer solchen Beschreibung können sich Mutige animiert fühlen, den Umweg der Bohne durch den Verdauungstrakt einer Katze zu ignorieren und diesen vielgepriesenen Kaffee einmal zu kosten...
Der Ursprung des Kaffees ? Legende und Wirklichkeit
Guter Kaffee ist für die meisten Menschen ein unverzichtbarer Hochgenuss, denn allein sein Aroma vermag die Lebensgeister zu wecken.
So beschreibt schon Antonius Faustus Naironus in seinem Buch ?De saluberrima potione cahve? aus dem Jahre 1671, wie einer Gruppe Hirten aus der Region Kaffa in Äthiopien auffiel, dass ein Teil ihrer Ziegenherde, der vorher von einem Strauch mit weißen Blüten und roten Früchten gefressen hatte, die ganze Nacht munter umher sprang, während der andere Teil, der nicht davon gefressen hatte, schlief. Ein abessinischer Hirte probierte daraufhin selbst von den Früchten und berichtete von einer belebenden Wirkung, die alsbald einzusetzen begann. Mönche aus einem nahegelegenen Kloster bereiteten aus den Früchten einen Aufguss und konnten so bis weit in die Nacht hinein aufbleiben und beten. Eine andere Quelle erzählt, dass der Hirte die Früchte des Strauches ins Feuer warf und die so freigesetzten Düfte zu der Idee des Röstens führten.
Was die belebende Wirkung des Kaffees betrifft, so warnte jedoch ein Kinderlied aus dem 17. Jahrhundert, als kaum ein Mensch wusste, wo Abessinien überhaupt liegt:
?C-A-F-F-E-E, trink nicht so viel Kaffee!
Nicht für Kinder ist der Türkentrank,
Schwächt die Nerven, macht dich blaß und krank,
Sei doch kein Muselmann, der ihn nicht lassen kann.?
Eine Bohne erobert die Welt
Die Region Kaffa im Südwesten Äthiopiens gilt ? der Legende entsprechend ? als das Ursprungsgebiet des Kaffees, da er dort schon im 9. Jahrhundert erwähnt wurde. Sklavenhändler brachten den Kaffee dann im 14. Jahrhundert nach Arabien, das sich eine Monopolstellung ausbauen konnte. Die Hafenstadt Mocha, auch Mocca genannt, war damals das Zentrum des Kaffeehandels. Nachdem der Kaffeehandel im 15. und 16. Jahrhundert bis nach Persien und in das Osmanische Reich vorgedrungen war, entstanden im 17. Jahrhundert auch in Europa die ersten Kaffeehäuser. Erste deutsche Kaffeehäuser eröffneten 1673 in Bremen und 1677 in Hamburg. Dies ist nicht verwunderlich, kamen in den dortigen Häfen doch die Segelschiffe an, die schwer mit Rohkaffeesäcken beladen waren. Und weil Rohkaffee ja geröstet werden muss, entwickelten sich hier kleine Röstereien zu Großröstern von noch heute marktstarker Bedeutung.
Der Kaffeekonsum breitete sich jedenfalls immer weiter aus. Johann Sebastian Bach widmete 1744/45 dem Kaffeegenuss seine berühmte, mit liebevoller Ironie gespickte Kaffeekantate. Was zu Beginn nur ein Geschmackserlebnis für gut situierte Bürger und Aristokraten war, konnten sich ab 1890-1900 auch normale Bürger leisten ? zumindest sonntags und wenn Besuch kam. Dafür sorgten die deutschlandweiten Filialen von ?Kaiser?s Kaffee Geschäft? und anderer Unternehmen. Allerdings blieb Kaffee bis in die 70er Jahre ein relativ teures Getränk und in nicht wenigen Familien wurde ?Muckefuck? getrunken, nämlich Malzkaffee.
Heute gehört für die meisten Menschen ? mindestens ? eine gute Tasse Kaffee wie selbstverständlich zum Alltag, egal, ob diese nun alleine, in geselliger Runde oder während der Arbeit genossen wird. Wenn man dann eines Tages mitbekommt, dass selbst auf Island, wo man eher Teetrinker vermuten würde, die Nachfahren der Wikinger, die nie bis Abessinien oder Guatemala vorgedrungen sind, dem Kaffee verfallen sind, dann dürfte das der Beweis dafür sein, dass Kaffee etwas Völkerverbindendes an sich hat. Nein: in sich hat!
Foto(s): Tasse / Glas im Teaser und oben: pixelio / Lichtbild AustriaEspressotasse im Artikel: pixelio / Ralf van Melis
Kaffee in Händen: Deutscher Kaffeeverband